Die Arbeit SAS DY 396 B16 besteht aus drei verschieden Objekten, drei an die Wand gelehnte Glasplatten, drei auf den Boden installierte und ein Selbstportrait.
Die Glasplatten sind wie Karten einerseits an einer Wand zusehen und andererseits auf dem Boden befindlich, so dass sie mit einer Draufsicht horizontal und einer Wandsicht vertikal gelesen werden können.
Die Glasplatten sind beidseitig bemalt mit eingefärbten Wachs : Auf der Innenseite der Glasplatten mit einer magentafarbenen flächigen Wachsschicht die an Stellen unterschiedlich farbig sind, auf der Außenseite sind Wachstrukturen in der Form verschiedener zusammengefügter Kartensysteme in unterschiedlichen Farben und Prozentangaben.
Im oberen Drittel der Platten befinden sich Aussparungen in der Form von Airbus 320 Neo Flugzeugfenstern, in denen Fotografien zu sehen sind. Durch diese Anordnungen entstehen verschiedene Überlagerungen der Wachstrukturen und der Fotografien , welche visuell mit einander integrieren und kontrastieren.
Die auf dem Boden übereinander gelegten Glasplatten sind auf den verschieden Plattenebnen beidseitig mit zum Teil eingefärbten Wachs bearbeiten. Auf der obersten Platte sind Wachstrukturen in der Größe der Fenster der stehenden Platten, auf der darunter befindlichen Platte ist ein Graph mit verschieden farbenen Wachs. Unterschiedlich groß gebrochene Glasstücke sind an verschieden Stellen der Platte ein geschoben. Diese Eisschollen ähnliche Strukturen sind mit Begriffen aus dem Themenbereich der Arktis bestückt.
Das Selbstportrait zeigt eine Person auf einer schmelzenden Eisscholle, in einer unwirklich anmutenden Natur. Die Figur schliesst die Augen und hält einen Keilrahmen in den Händen. Sie hat eine kurze Hose und eine dicke schützende Jacke an. Die in unterschiedlichen blau, weis und grün tönige Landschaft wird durch eine Magneta Untermalung durchbrochen.
In meinem Ausstellungsbeitrag habe ich mit mit wissenschaftlichen und kulturellen Repräsentationsformen auseinandergesetzt und wie sich Darstellungssyteme und Traditionen durch unterschiedliche mit dem Thema der Arktis verknüpften Materialien transformieren und so eine neue Aussage schaffen können. Hier sind einerseits die während des Projekts immer wieder vorkommenden Karten und deren koloniale und militärische Geschichte zu nennen und anderseits die Ölmalerei als Darstellungsform der eigenen Macht, Position und dem bezwingen der Natur.
Ich versuche die gewaltvolle Einteilung der Geografie der Arktis und deren Bewohner wieder zu abstrahieren und so einen Bruch in der Wahrnehmung dieses Begriffes zu erzeugen. Die Pigmente die verwendet wurden um das Wachs zu färben sind Eisenoxide die immer zusammen mit dem fossilen Rohstoff der Kohle auftreten und so mit der Insel Svalbard verbunden sind. Das Wachs ist Paraffin ehrliches ein Abfallprodukt der Erdölgewinnung ist und somit unserer Gesellschaft mit der Arktis verbindet und die Entfernung, aber die auch die Entfremdung zur Arktis verdeutlichen soll. Wachs und Eis/Schnee haben für mich ähnliche Eigenschaften, da sie beide bei einer gewissen Temperatur schmelzen und so der Arbeit eine Vergänglichkeit verleihen. Die Bildträger sind einerseits Leinwand und Glas. Glas als Material ist einerseits mit einer Schutzfunktion verbunden, Fenster, die eine Sicht und eine Distanz zu einer Umgebung aber auch zu einem Themenkomplex aufzeigen. Man kann geschützt vor der Umwelt und der Klimaveränderung auf die Arktis blicken und weiter an der gewohnten Politik festhalten.
Ein weiterer Aspekt des Beitrages ist die Repräsentation der Bezwingung der Natur in Svalbard aber auch der Arktis im allgemeinen. Die Natur wird durch Kartensysteme teilbar und somit zuordnungsfähig gemacht und so kann ein Anspruch auf ein Gebiet, auf fossile Rohstoffe gestellt und bekräftigt werden. Karten sind durch ihre Entstehungsgeschichte mit der Militär verbunden und abstrahieren ein (Lebens)Raum und machen ihn nutzbar, dies lässt sich auch auf die wissenschaftliche Nutzung der Arktis ausweiten. ForscherInnen übernehmen die Rolle der Expeditionen und sind ähnlich dem Militär auf Kräfte die einnehmen und bezwingen. Dies wurde besonders in Svalbard deutlich durch die Vormachtstellung Norwegens und dem Kampf der wissenschaftlich Nutzung und der Ausbeutung der Rohstoffe, die hier als Platzhalter und Widerstand gegen Russland zu verstehen sind.
Die Figur des weissen männlichen Forschers, beziehungsweise des Jägers, Expeditionsleiters findet immer wieder Symbole der Erinnerung auf der Insel und in den verschiedenen Museen, selbst die universitäre Forschungseinrichtung der Universität aus Tromsö nutzt diese Figuren, sowie den Eisbär als stärkstes bezwungenes Tier der Arktis, um ihre Nutzungsberechtigung der Ortes zu legitimieren.
Ein weiterer Aspekt des Porträts war für mich die Selbstwahrnehmung als TäterIN, mit der eigenen kolonialen Vergangenheit und mit der eigenen „Weisheit“konfrontiert zu werden. Da der menschliche Faktor in der öffentlichen Auseinandersetzung über die Arktis oft negiert wird.
Sowohl ich als KünstlerIn als auch die WissenschaftlerInnen müssen sich mit diesen Prägungen auseinandersetzen und diese überwinden. Das Porträt soll als Mahnung verstanden werden diese Kontexte zu reflektieren. Eine Renaturalisierung der Arktis kann nicht stattfinden und stellt den Versuch der Anrainerstaaten wie Norwegen dar, die Schäden an der Natur durch wissenschaftlich/künstlerische Arbeiten zu verbergen und den mensch als fähig zu zeigen als reversibel zu machen. Meines Erachtens muss mit dieser Darstellung und Anknüpfung an diese Erinnerungstradition gebrochen werden um eine Transformation des Umgangs und der Sicht auf die Arktis zu erreichen, die notwendig ist.
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